Wenn mehrere Personen gemeinsam erben, entsteht eine sogenannte Erbengemeinschaft. In dieser zwanghaften Konstellation können die Erben nur gemeinsam über das Erbe entscheiden. Es gilt demnach das Einstimmigkeitsprinzip: Alle Erben müssen sich über die Verteilung des Nachlasses einig sein, bevor die Erbengemeinschaft aufgelöst werden kann.
Wenn sich alle Erben einig sind, wird der Nachlass schrittweise aufgeteilt. Die geerbten Nachlassgegenstände werden nach und nach verkauft oder verteilt (in mehreren so genannten Teilerbauseinandersetzungen). Ist der letzte Gegenstand übertragen bzw. verkauft, ist die Erbauseinandersetzung abgeschlossen.
Was passiert, wenn sich die Erben nicht einig sind?
Nicht selten kommt es bei der Erbauseinandersetzung zu unschönen Streitigkeiten – oftmals sogar über Jahre hinweg. Vor allem dann, wenn es um Immobilien wie das gemeinsame Elternhaus geht oder die wirtschaftlichen Verhältnisse der Erben sehr unterschiedlich sind stehen die Emotionen im Weg und eine Einigung und Aufteilung der Vermögenswerte rückt in weiter Ferne.
Auch wenn der Streit bereits unerträgliche Ausmaße angenommen hat und deshalb das Leben der Erben belastet, gibt es verschiedene Möglichkeiten die Erbengemeinschaft zu verlassen.
Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Erbengemeinschaft verlassen können
Sie haben die unten stehenden Möglichkeiten. Sie werden sehen, dass auch wenn die Situation ausweglos erscheint, Sie die Streitigkeiten mit Ihren Miterben nicht einfach hinnehmen müssen:
- Erbauseinandersetzung
- Abschichtung
- Anwalt beauftragen
- Prozessfinanzierer beauftragen
- Erbteil verschenken
- Erbteil verkaufen
1. Erbauseinandersetzung (einvernehmlich)
Die Erben sind sich einig. Sie veräußern oder übertragen die einzelnen Gegenstände.
Vorteile:
- Es entstehen keine Kosten
- Der Erbe hat das Geld gleich
- Die Vermögenswerte werden zum Marktpreis veräußert
- Verbindlichkeiten des Nachlasses werden beglichen
Nachteile
- Arbeitsaufwand durch die Erben
2. Abschichtung
Die Abschichtung bezeichnet den Austritt eines Erben aus der Erbengemeinschaft, wobei dieser auf seine Erbrechte verzichtet. Seine Anteile gehen dann an die verbliebenen Erben über.
Diese zahlen den austretenden Erben aus, sodass er die Erbengemeinschaft verlassen kann. Eine Abfindung ist allerdings nicht garantiert und erfordert Verhandlungsgeschick, da die Einigung mit den Miterben oft mühsam ist – besonders, wenn es bereits Spannungen in der Gemeinschaft gibt.
Vorteile:
- Es entstehen keine Kosten
Nachteile
- Auflösung und Abschichtung funktionieren nur, wenn sich alle Erben einig sind – im Falle von Streitigkeiten äußerst unwahrscheinlich
- Der austretende Erbe erhält oft eine eher niedrige Abfindung
- Trotz Abfindung haftet der Erbe weiterhin für Nachlassschulden und eine Haftungsfreistellung ist im Streit nur schwer zu erreichen
3. Anwalt beauftragen
Wenn die Gefühle der Miterben bei jedem Kontakt überkochen und allein keine Einigung stattfinden wird, kann ein Anwalt für Erbrecht die nötige Ruhe in die Auseinandersetzung bringen. Indem er die Interessen des austretenden Erben vertritt, kann der Anwalt die Erbauseinandersetzung womöglich voranbringen.
Vorteile:
- Bei Streit preiswerte Lösung bei sehr großem Erbe – teure Lösung bei Erbe unter 200.000 €
Nachteile:
- Bei kleineren Erbteilen eine teure Lösung
- Erbe muss Anwaltskosten vorfinanzieren
- Geld kommt erst ganz am Ende des Verfahrens
- Nervliche Belastung bleibt trotz Vermittlung/Beratung oft über Jahre
- Trotz Kosten keine Erfolgsgarantie
4. Prozessfinanzierer beauftragen
Da Rechtsstreitigkeiten im Erbrecht sehr teuer sind, kann eine Prozessfinanzierung im Laufe des Verfahrens eine finanzielle Entlastung für den Erben sein, der die Erbengemeinschaft verlassen möchte. Dabei übernimmt ein unabhängiger Finanzierer die Gerichts- und Anwaltskosten und erhält im Falle des Erfolgs einen (nicht ganz so kleinen) Anteil des gewonnenen Betrags.
Vorteile:
- Keine finanzielle Belastung während des Verfahrens
- Risikoübernahme durch den Prozessfinanzierer
Nachteile:
- Nur bei sehr großen Erbteilen verfügbar
- Wesentlich teurer als ein Anwalt, da der Gewinn des Prozessfinanzierers noch mit zu bezahlen ist
- Geld kommt erst ganz am Ende des Verfahrens
- Nervliche Belastung bleibt oft über Jahre, da weiterhin Kontakt mit dem Anwalt notwendig ist – Prozessfinanzierer übernimmt nur die Bezahlung der Gerichts- und Anwaltskosten
- keine Erfolgsgarantie
5. Erbteil verschenken
Um Ruhe in die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu bringen, können Sie Ihren Erbteil auch einfach an eine gemeinnützige Organisation verschenken, also das erhaltene Erbe spenden. Damit tun Sie bedürftigen Menschen etwas Gutes und haben Steuervorteile bei der Erbschaftssteuer.
Denn wer eine gemeinnützige Stiftung innerhalb von 24 Monaten nach dem Erhalt des Erbes bedenkt, ist nach § 29 des Erbschaftssteuer- und Schenkungsgesetzes (ErbStG) von der Entrichtung der eigenen Erbschaftssteuer befreit – und bekommt bereits gezahlte Steuer sogar zurück. Für das Verschenken des Erbteils ist keine Zustimmung der Miterben erforderlich.
Vorteile:
- Mit Unterschrift wird der Erbteil übertragen und Sie sind alle Sorgen los
Nachteile:
- Es ist nicht ganz einfach, eine gemeinnützige Organisation zu finden, die den Erbteil geschenkt haben möchte
- Trotz Schenkung besteht die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten fort
- Kein Erlös
6. Unsere Empfehlung: Erbteil verkaufen und Erbengemeinschaft verlassen
Ist schon über einen längeren Zeitraum keine Lösung des Streits in Sicht, können Sie Ihren Erbteil gemäß § 2033 BGB auch einfach verkaufen.
Und das Gute daran: Sie müssen Ihre Miterben vorab nicht einmal über Ihre Entscheidung informieren. Sie dürfen alle Erben vor vollendete Tatsachen stellen.
Wichtig ist nur, dass Ihre Miterben ein Vorkaufsrecht haben. Sollten Sie also einen Käufer gefunden und einen Kaufvertrag abgeschlossen haben, informiert der Notar Ihre Miterben über den Verkauf. Ab diesem Zeitpunkt haben diese dann zwei Monate Zeit, um den Erbteil selbst zu kaufen – als Gemeinschaft oder Einzelperson.
Unabhängig von der Entscheidung der Miterben erhalten Sie bei professionellen Erbteilskäufern trotzdem auf jeden Fall die im Kaufvertrag vereinbarte Summe und scheiden aus der Erbengemeinschaft aus.
Vorteile:
- Mit Unterschrift wird der Erbteil übertragen und Sie sind alle Sorgen los.
- Geld aus dem Erbe sofort verfügbar
Nachteile:
- Abschlag vom Nachlasswert
Unser Fazit
Nur wenn Sie Ihren Erbteil verkaufen, sind Sie sofort alle Sorgen los und können gleich über das Geld verfügen.
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