Gibt es beim Erben einen Pflichtteil für Geschwister?
Im deutschen Erbrecht beschreibt der Pflichtteil einen Teil des Nachlasses, der den pflichtteilsberechtigten Personen auch dann zusteht, wenn diese mittels Testament enterbt wurden. Laut Gesetz (§ 2303 BGB) zählen zu diesem Personenkreis nur die Abkömmlinge des Erblassers, der Ehegatte und sowie die Eltern des Verstorbenen.
Geschwister des Erblassers haben demnach keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Pflichtteil beim Ableben ihres Bruders oder ihrer Schwester.
Wann haben Geschwister einen Anspruch auf das Erbe?
Zwar haben Brüder und Schwestern kein Pflichtteilsrecht, dennoch gibt es Wege, um auch die Geschwister am Erbe zu beteiligen.
1. Testament
Werden die eigenen Geschwister ausdrücklich mithilfe einer Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) als Erben eingesetzt, haben sie Anspruch auf den vom Erblasser festgelegten Anteil am Nachlass.
Hat der oder die Verstorbene jedoch Kinder, einen Ehepartner oder noch einen lebenden Elternteil, dann haben diese Personen laut Gesetz trotzdem Ansprüche auf ihren Pflichtteil nach einer gewissen Pflichtteilsquote. Dieser Umstand kann letztlich das Erbe der Geschwister schmälern.
Beispiel
Da es keine weiteren pflichtteilsberechtigten Verwandten gibt, erhält das Kind laut gesetzlicher Erbfolge 100 % vom Erbe. Durch das Testament wurde das Kind jedoch vom Nachlass ausgeschlossen und hat deshalb nur noch einen Anspruch auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Somit steht dem Kind trotz Testament, in dem ausschließlich der Bruder bedacht wurde, ein Anteil von 50 % am Erbe zu.
2. Gesetzliche Erbfolge
Auch wenn Geschwister keinen Pflichtteilsanspruch haben, werden sie durch das Ordnungsprinzip der gesetzlichen Erbfolge in ganz bestimmten Situationen beim Erbe bedacht. Liegt kein Testament vor, greift automatisch die gesetzliche Erbfolge. Danach werden zunächst vor allem die Kinder und Enkelkinder des Verstorbenen bedacht.
Erben der ersten Ordnung
- (Ehepartner, Lebenspartner)
- Kinder des Erblassers
- Enkelkinder (wenn die Kinder verstorben sind)
Erben der zweiten Ordnung
- Eltern des Erblassers
- Geschwister (wenn die Eltern verstorben sind)
- Nichten und Neffen (wenn die Eltern und Geschwister verstorben sind)
Erben der dritten Ordnung
- Großeltern des Erblassers
- Onkel und Tanten (wenn die Großeltern verstorben sind)
- Cousins und Cousinen (wenn die Großeltern und Onkel / Tanten verstorben sind)
Erst wenn sich aus der Familienkonstellation ergibt, dass der Erblasser weder eigene Kinder, noch Enkel oder Eltern sowie einen Ehepartner* hat, werden die Geschwister im Erbfall zu gesetzlichen Erben.
- * Ehepartner sind den blutsverwandten Erben erster Ordnung durch das Ehegattenerbrecht (§ 1931 BGB) gleichgestellt. Dadurch erben sie dem Gesetz nach immer ein Viertel des Nachlasses. Hat das Ehepaar im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, dann erhöht sich das Erbe sogar auf die Hälfte.
Kinderlose Ehepartner erben drei Viertel des Nachlasses – in diesem Fall bekommen die noch lebenden gesetzlichen Erben den Rest.
Häufige Fragen
Wie läuft das mit dem Erbe für Halbgeschwister?
Halbgeschwister zählen genauso wie Vollgeschwister zu den Erben zweiter Ordnung, da sie direkte Nachkommen des Erblassers sind. Demzufolge sind sie ebenfalls nur dann erbberechtigt, wenn es keine anderen Erben höheren Ranges gibt.
Haben adoptierte Geschwister ein Erbrecht?
Auch wenn keine Blutsverwandtschaft besteht, können adoptierte Geschwister das Erbe nach der gesetzlichen Erbfolge geltend machen – und haben den gleichen Anspruch wie Vollgeschwister. Die Adoption durch den Verstorbenen führt letztlich zu einem rechtlichen Verwandtschaftsgrad.
Wie verhält sich das Erbe bei Stiefgeschwistern?
Stiefgeschwister sind von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, weil weder eine leibliche noch eine rechtliche Verwandtschaft wie beispielsweise bei Adoptivgeschwistern besteht. Jedoch können Stiefgeschwister durch den Erblasser mithilfe eines Testaments am Erbe beteiligt werden.
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